Ein Balanceakt: Deutsche Hoteliers stellen sich wirtschaftlichen Herausforderungen

Was wir aus dem Beherbergungsbarometer 2024 über die Widerstandsfähigkeit der deutschen Hotellerie gelernt haben.

Booking.com Public Affairs
5 min readMay 22, 2024

--

Im Vergleich zu ihren europäischen Pendants nehmen die deutschen Hoteliers größere wirtschaftliche Herausforderungen wahr. Diese werden durch die Wiedereinführung der Mehrwertsteuer auf Gastronomiebetriebe Anfang 2024 sowie durch Personal- und Energiekosten noch verschärft. Obwohl die geopolitische Unsicherheit und die gestiegenen Lebenshaltungskosten ihre Spuren im deutschen Beherbergungsgewerbe zu hinterlassen scheinen, zeigt sich die Branche weiterhin robust. Viele Hoteliers erwarten für die kommende Sommersaison bessere Ergebnisse, mit einem erneuten Schwerpunkt auf dem Inlandstourismus.

Vorsichtiger Optimismus auf eine erfolgreiche Hochsaison

Hinsichtlich diverser Wirtschaftsindikatoren gaben Hoteliers in Deutschland im Vergleich zu anderen befragten europäischen Ländern eine weniger positive Selbsteinschätzung ab, was den schwierigen Jahresbeginn widerspiegelt. Die Wiedereinführung des Mehrwertsteuersatzes von 19% auf Gastronomiebetriebe zum 1. Januar 2024 (während der Pandemie lag er bei 7%) sowie der Druck durch Personal- und Energiekosten haben die finanzielle Belastung noch weiter verschärft.

Während nun die Buchungen für die Sommersaison eingehen, mischt sich auch ein Hauch von Zuversicht unter die Vorfreude auf die bevorstehende Hochsaison. Auf jeden deutschen Beherbergungsbetrieb, der eine negative Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten erwartet, kommen fünf weitere, die an eine positive Entwicklung glauben. 20% äußerten die Absicht, stärker zu investieren.

Ein zentrales Anliegen deutscher Hoteliers ist laut den Umfrageergebnissen die Auslastungs- und Zimmerpreisdynamik. Der Anteil der Befragten, die in den letzten sechs Monaten einen Anstieg der Auslastung verzeichneten, sank von 60% im Frühjahr 2023 auf nur noch 34% im aktuellen Barometer. Dieser Rückgang basiert teils auf der Tatsache, dass ein größerer Anteil der Befragten keine Veränderungen beobachtete, teils aber auch darauf, dass ein Fünftel (19%) der deutschen Beherbergungsbetriebe eine rückläufige Auslastungsrate angab.

Im Vergleich zu 2023 hat die Zufriedenheit mit der Entwicklung der Tagesrate nachgelassen. Es gibt jedoch einen Lichtblick: Auf jeden deutschen Beherbergungsbetrieb mit sinkenden Tagesraten (16%) kommen zwei Betriebe, die ein Wachstum (29%) meldeten.

Insgesamt teilten 53% der Befragten eine positive Einstellung zu den letzten sechs Monaten, während nur 8% eine negative Einschätzung abgaben. Dies ist an sich eine starke Leistung, jedoch nicht im Vergleich zu der noch optimistischeren Einstellung im Jahr 2023 und dem aktuellen europäischen Durchschnitt (65% positiv und 6% negativ gestimmt).

Mehr als die Hälfte (54%) der deutschen Hoteliers erwartet künftig eine positive oder sehr positive wirtschaftliche Entwicklung

EU-weite Trends: Größer bleibt stärker — Hotelketten behalten ihren Vorsprung gegenüber unabhängigen Betrieben

Als Ganzes betrachtet, zeichnet sich in Europa ein klarer Unterschied zwischen den Konjunkturerwartungen unabhängiger Betriebe und den Erwartungen der Hotelketten ab. Erstere machen den Großteil der Beherbergungsbetriebe in Europa aus, auch wenn ihr Anteil in den letzten Jahrzehnten stetig zurückgegangen ist.

Das neueste Barometer bestätigt den deutlichen Vorsprung der Hotelketten gegenüber kleineren, unabhängigen Konkurrenten hinsichtlich verschiedener wirtschaftlicher Bereiche, darunter beispielsweise Zugang zu Kapital, Einschätzung der Auslastung und Entwicklung der Tagesraten. Insbesondere berichten 77% der kettenangehörigen Hotels von einer positiven wirtschaftlichen Lage, bei den unabhängigen Betrieben sind es im Vergleich nur 59%. Auch hinsichtlich der Zukunftserwartungen sind Hotelketten (79% positiv) positiver gestimmt als unabhängige Betriebe (61% positiv) — 18 Prozentpunkte mehr.

Auch hier spielt die Größe des Betriebs eine Rolle. Größere Hotels können wirtschaftlich schwierige Phasen über einen längeren Zeitraum hinweg meistern, leichter Kredite erhalten und von der Höhe ihres Umsatzes profitieren.

Energiekosten: wunder Punkt aber vielfältige Chancen

Energiekosten stellen für Hoteliers in ganz Europa eine große Herausforderung dar — so auch in Deutschland. Mehr als vier Fünftel (84%) der deutschen Befragten nannten die Energiekosten als Risiko für ihren Beherbergungsbetrieb, dicht gefolgt vom Fachkräftemangel (80%) und den Personalkosten (77%).

Trotz dieser Schwachstellen haben deutsche Beherbergungsbetriebe zahlreiche Chancen erkannt. Das größte Potenzial liegt für mehr als vier Fünftel (82%) der Befragten darin, Anreize für wiederholte Besuche zu geben und diese zu fördern. Viele möchten auch ihre digitale Präsenz ausweiten: Vier Fünftel (8 %) geben an, dass die Verbesserung des Social-Media-Marketings Priorität habe. In jedem Fall betrachten sie inländische Besucher eindeutig als ihre wichtigste Kundenbasis, egal ob sie nun Renovierungsarbeiten oder eine Auffrischung ihres Online-Marketing-Ansatzes planen. Eine deutliche Mehrheit der deutschen Beherbergungsbetriebe (9 von 10) bewertet inländische Gäste als entscheidend für ihren Erfolg. Ihnen wird also mehr Bedeutung zugeschrieben als innereuropäischen und internationalen Gästen.

Neun Zehntel (92%) der deutschen Beherbergungsbetriebe geben an, dass inländische Gäste (sehr) wichtig für den Erfolg ihres Geschäfts seien. Im Vergleich: Der EU-Durchschnitt beträgt 76%

Hoher Regulierungsaufwand und hohe Erwartungen an die Regierung

Einer überwältigenden Mehrheit der deutschen Beherbergungsbetriebe zufolge sollte die Regierung makroökonomische Stabilität, leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische Fachkräfte und Investitionen in die lokale Infrastruktur priorisieren. Diese Punkte werden von mehr als 90 % der Befragten aufgezeigt. Diese Antworten machen die hohen Erwartungen der Tourismusbranche an die Regierung deutlich.

Allerdings empfinden 7 von 10 deutschen Beherbergungsbetrieben die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften als sehr aufwändig. Das ist im europäischen Vergleich nur für etwas mehr als die Hälfte der Betriebe der Fall. Den Befragten zufolge ist der Compliance-Aufwand in den letzten zwölf Monaten in Deutschland stärker gestiegen (6 %) als in Europa insgesamt (45%).

Die überwiegende Mehrheit der deutschen Hoteliers (96%) möchte, dass ihre Regierung die makroökonomische Stabilität priorisiert

Herangehensweise an Nachhaltigkeit eher ökonomisch als ökologisch

Historisch gesehen war Deutschland in Sachen Umweltschutz oft Vorreiter. Dennoch werden Klimaangelegenheiten von den meisten deutschen Beherbergungsbetrieben nicht als unmittelbare Bedrohung angesehen. Nur ein Viertel der Befragten ist der Ansicht, dass der Klimawandel (sehr) große Auswirkungen auf ihr Geschäft habe. Dem stehen die beunruhigenderen Zahlen aus Portugal, den skandinavischen Ländern und Spanien gegenüber, wo 59%, 46% bzw. 45% Risiken wahrnehmen.

Dennoch planen sieben von zehn deutschen Betrieben, in den nächsten zwölf Monaten mindestens ein Viertel ihrer Investitionen in Nachhaltigkeit fließen zu lassen, und dies aufgrund der Erwartung langfristiger Kosteneinsparungen und einer Verbesserung der Wahrnehmung bei den Gästen.

Zwei Fünftel (40%) der deutschen Hoteliers sind der Ansicht, dass der Klimawandel in den nächsten drei Jahren (überhaupt) keine Auswirkungen auf ihr Geschäft haben wird

Das European Accommodation Barometer

Die vierte Ausgabe des Deutschen Unterkunftsbarometers basiert auf einer Umfrage unter 90 Führungskräften und Managern im deutschen Hotelgewerbe. Es stützt sich auf die Ergebnisse des EU Accommodation Barometer, in dem insgesamt 920 Teilnehmer befragt wurden. Es wird gemeinsam von Booking.com und

erstellt.

Dies ist eine Zusammenfassung des gemeinsam von Booking.com und Statista erstellten Deutschen Beherbergungsbarometers 2024. Es steht kostenlos zum Download zur Verfügung.

--

--